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24.11.2022

Seventh Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law

“Russia’s War against Ukraine”: What is the Role for International Courts?

Am 24.11.2022 richtete das Institute for International Peace and Security Law unter der Leitung seines Direktors Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M (Cambridge) die siebte Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus.

Dieses Jahr hielt Dr. Mykola Gnatovskyy, ehemaliger Professor für Internationales Recht an der Taras Shevchenko Universität in Kiev und seit dem 26. April 2022 neuer Richter für die Ukraine am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Vorlesung, und zwar unter dem Titel: „Russia’s War against Ukraine“: What is the Role for International Courts?

Seine Rede leitete Dr. Gnatovskyy mit einem Hinweis auf den ersten Teil des Werkes „Peace Through Law“ von Hans Kelsen ein. Dieser Teil handelt davon, wie Frieden durch obligatorische, also zwingende, Gerichtsbarkeit erreicht und gesichert werden kann. Mit diesem Hintergrund wendete sich Richter Gnatovskys der aktuellen institutionellen Architektur des Völkerrechts und insbesondere den internationalen Gerichten zu, um deren Errungenschaften, Aufgaben und Schwachstellen zu beleuchten.

Kelsens Idee internationaler Gerichte, die zwingende Gerichtsbarkeit ausüben, also nicht solche, die von politischen Umständen oder der Zustimmung eines Staates abhängen, wurde von diesem schon 1944 geäußert, ist jedoch bisher, so Dr. Mykola Gnatovskyy, noch nicht vollständig umgesetzt. Sowohl vor dem Internationalen Gerichtshof als auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof hängt die Durchführung von Verfahren immer noch von der (politisch motivierten) Zustimmung bestimmter Staaten ab. Der Gastredner zeigte zunächst auf, dass sich die Rolle der Internationalen Gerichte im Ukraine-Konflikt seit 2014 bislang auf wenige Entscheidung, darunter vor allem vorläufige, beschränkt. Daran anknüpfend gab Dr. Gnatovskyy zu bedenken, dass die Internationalen Gerichtsbarkeit zur Frage der Rechtmäßigkeit eines Gewalteinsatzes generell bisher noch nicht sehr weit entwickelt ist, insbesondere gemessen an dem von Kelsen formulierten Anspruch.

Im Kontext des Ukraine-Krieges betonte Dr. Gnatovskyy insbesondere das Potential des Internationalen Strafgerichtshofs. Indessen seien Änderungen des IStGH-Statuts vonnöten, um dieses Potential auch für den Tatbestand der Aggression aktivieren zu können. Alternativ – oder kumulativ dazu – wäre dafür auch der Weg eines Sondertribunals für das Verbrechen der Aggression möglich, das im Idealfall mit Unterstützung der Vereinten Nationen eingesetzt würde. Diese Möglichkeit und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen wurden in der anschließenden Fragerunde vertieft.

Richter Gnatovskyy schloss mit der Aufforderung an die Internationalen Gerichte, den Krieg in der Ukraine als Möglichkeit zu begreifen, ihre Relevanz unter Beweis zu stellen und ihre Funktionen in der Wiederherstellung von Frieden wahrzunehmen.

Dies wäre auch ein Schritt im Sinne Hans Kelsens: Frieden durch Recht (und durch dieses Recht anwendende Gerichte) zu schaffen.

 

 

18.11.2021

Sixth Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law

A Means to an End: How Fritz Bauer used the Courtroom for a Reckoning with the German Past

Am 18.11.2021 richtete das Institute for International Peace and Security Law unter der Leitung seines Direktors Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M (Cambridge) die sechste Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus.

Dr. Ronen Steinke, Rechtsredakteur der Süddeutschen Zeitung und unter anderem Autor des Buches „Fritz Bauer: oder Auschwitz vor Gericht“, hielt den diesjährigen Festvortrag mit dem Titel „A Means to an End: How Fritz Bauer used the Courtroom for a Reckoning with the German Past.“ Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Veranstaltung „hybrid“ abgehalten: Innerhalb des Saales galt die 2G+-Regel, zeitgleich wurde das Event per Livestream übertragen.

Dr. Steinke begann seinen Vortrag mit der Schilderung eines Prozesstages des Auschwitzprozesses an einem Novembertag 1964 aus Sicht des Journalisten Horst Krüger. Es folgte eine Reise durch das Leben und Wirken von Fritz Bauer, der zu einem der bedeutendsten Wegbereiter für den Frankfurter Auschwitzprozess werden sollte. Nach dem Strafrechtsverständnis von Fritz Bauer, der sich der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen verschrieben hatte, durfte Strafe allein präventive Zwecke verfolgen und somit zukunftsorientiert sein. So zitierte Dr. Steinke Bauers Frage, ob es tatsächlich einen Unterschied mache, ob 40 Mann mehr in die Strafanstalten kämen, oder nicht? Doch was, wenn nicht Vergeltung sollte dann das Ziel dieses Prozesses sein, dessen Angeklagten zumindest scheinbar keine Bedrohung mehr für die Gesellschaft darstellten und die sich geradezu unheimlich konform in die Nachkriegsgesellschaft einfügten, wie sie sich auch im nationalsozialistischen Regime konform verhalten hatten? Dr. Steinke gelang es eindrucksvoll, Bauers Strafrechtsverständnis mit seiner staatsanwaltlichen Praxis abzugleichen. Anders, als selbst Bewunderer und Schüler von Fritz Bauer zur Zeit der Auschwitzer Prozesse kritisierten, zeigte Dr. Steinke auf, dass zwischen der Theorie und der Praxis von Fritz Bauer nicht notwendigerweise ein Widerspruch gesehen werden müsse. So verfolgte Bauer im Auschwitzprozess den Gedanken der Prävention: Allerdings nicht zur Verhinderung der Begehung weiterer Verbrechen der 22 Angeklagten in Frankfurt, sondern gegenüber dem Publikum des Prozesses – der deutschen Bevölkerung, die sich durch die Prozesse zum ersten Mal ein Bild von dem Ausmaß des Grauens in Auschwitz verschaffen konnte. Dr. Steinke zeigte eindrucksvoll auf, dass Bauers Umsetzung seiner Theorie in die Praxis damit jedoch zugleich eine harte Konsequenz nach sich zog. So sah Bauer die in Frankfurt 22 Angeklagten der Auschwitzer Prozesse letztlich, und er selbst gab dies so zu, mindestens auch als „Sündenböcke“, die es bräuchte, um der Gesellschaft eine Lehre zu vermitteln und damit mindestens auch als Mittel zum Zweck – „A means to an end“.
 

 

 

26.11.2020

Fifth Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law

Iran, Nuclear Weapons and International Law – From a deal to a mess?

Am 26.11.2020 richtete das Institute for International Peace and Security Law unter der Leitung seines Direktors Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M (Cambridge) die fünfte Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus.

Dr. Masahiko Asada, Professor für Völkerrecht an der Universität Kyoto und ehemaliger Präsident der Japanese Society of International Law, hielt den diesjährigen Festvortrag mit dem Titel „Iran, Nuclear Weapons and International Law – From a deal to a mess?“. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Lecture digital ausgerichtet, sodass das Institut zahlreiche interessierte Zuschauer und Zuschauerinnen aus aller Welt begrüßen durfte.

Dr. Masahiko Asada schilderte in seinem Vortrag den Verlauf des iranischen Atomkonflikts. Dieser habe mit dem Abschluss des Nuklearabkommens, dem sogenannten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPoA), als – zumindest auf mittlere Sicht – beigelegt gegolten. Mit dem Austritt der USA und der Missachtung einzelner Regelungen durch den Iran habe sich der Konflikt jedoch erneut zugespitzt. Den komplexen Inhalt des JCPoA und die Entwicklungen seit dem Rückzug der USA aus dem Abkommen erläuterte Dr. Masahiko Asada ausführlich. Im Anschluss ging er auf Fragen ein, die jüngste Ereignisse aufwarfen: So ersuchten die USA im August 2020 den VN-Sicherheitsrat, den im Nuklearabkommen geregelten „Snapback“-Mechanismus auszulösen.

Dr. Masahiko Asada schloss die fünfte Hans Kelsen Memorial Lecture mit einem Blick in die Zukunft des Nuklearabkommens, insbesondere vor dem Hintergrund der Wahl Joe Bidens zum nächsten US-Präsidenten.

Die sechste Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law wird bereits freudig erwartet.

 

 

28.11.2019

Fourth Hans Kelsen Memorial Lectures on International Peace and Security Law

Silencing Diaspora Dissent: Mapping Responses to Clandestine - or not so Clandestine - Extraterritorial Assassinations

Am 28.11.2019 richtete das Institute for International Peace and Security Law bereits zum vierten Mal die jährlich stattfindende Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus.

Zu Ehren des großen Völkerrechtlers wurde dieses Jahr Dr. Larissa van den Herik, Vice-Dean of Leiden Law School of Public International Law at the Grotius Centre for International Legal Studies at Leiden University eingeladen. Sie hielt einen Vortrag unter dem Titel: Silencing Diaspora Dissent: Mapping Responses to Clandestine – or not so clandestine – Extraterritorial Assassinations.

Ihren Vortrag beginnt Dr. Larissa van den Herik, indem Sie exemplarisch die Fälle Khashoggi, Skripal, Kim Jong-nam und das Mykonos-Attentat aufzählt, um das Thema näher zu umreißen. Sie plädiert dafür, diese Vorfälle nicht isoliert zu betrachten, sondern in einen größeren Kontext zu setzen. Dabei nimmt sie Veränderungen in der Begehungsweise dieser Tötungen in den Blick und leitet daraus konkrete juristische Fragestellungen ab.

Wir danken Dr. Larissa van den Herik ganz herzlich für die spannenden Einblicke und das ebenso inspirierende private Seminar am Folgetag. Auch möchten wir Prof. Kreß für die Ermöglichung dieser Veranstaltung danken. Die fünfte Hans Kelsen Lecture wird bereits freudig erwartet.

   

 

8. November 2018

Third Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law

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Am 8. November 2018 richtete das Institute for International Peace and Security Lawunter der Leitung seines Direktors Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M. seine dritte Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus. 

Mit der jährlich stattfindenden Vorlesungsreihe soll der bedeutende Rechtstheoretiker, Staatsrechtler und Völkerrechtler Hans Kelsen geehrt werden, der nach seinem Ruf an die Kölner Juristische Fakultät an der Universität zu Köln lehrte und das Amt des Dekans ausübte, bevor er 1933 von den Nationalsozialisten vertrieben wurde. Zu seinen Ehren wird jedes Jahr eine Autorität des internationalen Rechts an die Universität zu Köln eingeladen. Im vergangenen Jahr folgte Professor Sarah Cleveland, Louis Henkin Professorin für Menschenrechte und Verfassungsrecht an der Columbia University in New York, der Einladung des Instituts.  

In diesem Jahr begrüßte das Institut als Festrednerin Frau Dr. Sarah Nouwen, die zum Thema „Peace Through Law?International Norms, Transitional Justice and the Negotiation of Peace in the Sudans“ sprach. Frau Nouwen ist stellvertretende Direktorin des Lauterpacht Centre for International Law an der Universität Cambridge und eine weltweit anerkannte Größe zu Fragen der Transitional Justice.

Nach einer feierlichen Begrüßung durch Professor Kreß, gab Dr. Sarah Nouwen ihrem Vortrag einen sehr schönen Rahmen. Sie wies darauf hin, dass Hans Kelsen seinerzeit Doktorvater von Sir Hersch Lauterpacht – dem Begründer und Namensgeber ihres Instituts – war und deswegen die Verbindung ihres Instituts mit der hiesigen Veranstaltungsreihe eine ganz natürliche sei.

Von Hans Kelsen und seiner Auseinandersetzung mit der Verbindung zwischen Recht und Frieden schlug sie sodann auch die Brücke zur heutigen brennenden Frage, wie in Post-Konflikt-Gesellschaften die Transition von Krieg zu Frieden zu erreichen ist. 

Diese Frage aufgeworfen, stellte sie verschiedene Konzeptionen der Transitional Justice vor, die sich zwischen einer deontologischen Sicht auf die Transitional Justice als Möglichkeit zur Verwirklichung von Menschenrechten in Post-Konflikt-Gesellschaften und einer konsequentialistischen Sichtweise der Transitional Justice als Werkzeugkasten zur Erreichung verschiedener Ziele in Post-Konflikt-Gesellschaften bewegten. Sodann ging sie auf die Rolle des IStGH in Konfliktsituationen ein und brachte als Positivbeispiel Kolumbien an, wo der IStGH durch gleichzeitige Präsenz und Zurückhaltung wohl den Friedensprozess beförderte.

Sie betonte, dass sich Juristen mit der konkreten Umsetzung bzw. Nichtumsetzung von individuellen Friedensabkommen beschäftigen müssten, um ein vollständiges Bild ihres normativen Wertes zu erhalten. Jedenfalls wäre es fatal und würde in Enttäuschung innerhalb der Gesellschaft münden, so Nouwen, würden politische Erwartungen mit rechtlichen Normen gleichgesetzt werden.

Neben diesen spannenden Auseinandersetzungen mit dem noch so jungen Rechtsgebiet der Transitional Justice waren es vor allem die Berichte über Interviews, die sie mit ehemaligen Konfliktparteien, politischen Akteuren und Überlebenden in Uganda und dem Sudan führte, die das Publikum bewegten.

Dieser inspirierende Vortrag von Dr. Sarah Nouwen bot den Gästen der Third Hans Kelsen Memorial Lecture sodann beim anschließenden Empfang im Hauptgebäude sowie den Mitarbeitern des Institutes am darauffolgenden Tag bei einem privaten Seminar mit der Rednerin die schöne Möglichkeit, in eine vertiefte Diskussion einzutreten. 

Das Team des Institute for International Peace and Security Law dankt Professor Kreß ganz herzlich für die Ermöglichung dieses einmal mehr gelungenen wissenschaftlichen Austausches und blickt mit Freude der bereits vierten Hans Kelsen Memorial Lecture im nächsten Jahr entgegen.

 

24. November 2017

Second Hans Kelsen Memorial Lectures on International Peace and Security Law

Strengthening Legal Protections in Modern Armed Conflict

Professor Sarah H. Cleveland, Louis Henkin Professor of Human and Constitutional Rights, Faculty
Co-Director, Human Rights Institute, Columbia Law School

Ein Bericht von Ruth Effinowicz, LL.M., M.A. über die Veranstaltung ist hier abrufbar.

   

 

17. November 2016

Hans Kelsen Memorial Lectures on International Peace and Security Law

Inaugural Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law: Professor Scott Shapiro (Yale University) über "Hans Kelsen, Carl Schmitt and Hermann Jahrreiß at Cologne and Nuremberg". (Link zur Aufzeichnung)